Die Affengerechtigkeit

Nr. 188 (PSW 11, S.226-227)

Der Thron des Tierreichs fiel einmal auch den Affen anheim. In diesem Zeitpunkte redeten einige Hauptaffen miteinander ab, sie wollten in keinem Falle eine Ungerechtigkeit an sich kommen lassen. Die armen Tiere! Es kam ihnen nicht einmal in Sinn, daß sie vermöge ihrer Natur nicht anders können, als verstellte, heuchlerische, naschende und beißende Tiere zu Handlangern ihrer Gerechtigkeit anzustellen.


Im Affenreich als Affen regieren, und keine Ungerechtigkeit an sich kommen zu lassen, kann nur Affen in Sinn kommen. Die Ungerechtigkeit fließt so notwendig aus ihrer Natur, wie der Bach aus seiner Quelle; das ist so wahr, daß man bestimmt sagen darf: die Erscheinung der hellen Mittagssonne in der Mitternachtsstunde wäre kein größeres Wunder, als die Erscheinung der Gerechtigkeit im Affenreiche. Und dann kommt diesfalls noch eine Betrachtung: wer in irgendeinem Geschäft schlechte Handlanger anstellen muß, dessen Sache ist zum voraus als verloren anzusehen, und da auch der niederste Handlanger, so weit der Wirkungskreis seines Auftrags hinlangt, als Stellvertreter seines Kommittenten angesehen werden muß, so ist offenbar, daß die Affengerechtigkeit im Affenreich in allen Mitteln und Maßregeln, die von ihr bis auf den Einfluß des niedersten Handlangers ihrer Gerechtigkeitsmummereien ausgehen, nicht anders als affenartig, d.i. nicht anders als so sein könne, wie sie aus dem Fleisch und Blut unruhiger, verstellter, heuchlerischer, naschender und beißender Tiere hervorzugehen vermag.