Faule Eichen und junge Tannen

Nr. 94 (PSW 11, S.152-153)

"Du hast die Pracht und die Zierde aller unserer Nachkommen niedergemacht" -- also sagten alte und hohe, aber schon faule Eichen, da sie in ihrem Falle junge Bäume zu tausenden niederschlugen, zum Bauer, der sie umhieb. Aber die übergebliebenen unbeschädigten Tannen und Eichen trösteten ihn und sagten: "Das Elend, welches ihr Fall über uns verbreitet, ist viel kleiner, als dasjenige, welches ihr Leben über uns verhängte; denn wir werden von nun an sicher aufhören, die elenden Serblinge zu sein, welche wir um ihretwillen immer waren, und in diesem Augenblick durch die Zerstörung, die die Erfahrung unter uns gebracht hat, noch mehr als je scheinen.


Man muß ein gegenwärtiges, wenn auch großes Übel, das die Quellen bleibender und immer wiederkommender Übel von Grund auf aufhebt, in jedem Falle mit Geduld tragen, und mitten, indem man das Augenblicksunglück der Gegenwart mit warmer Teilnahme zu Herzen nimmt, darf man sich dennoch der Segensfolgen desselben ebenso von Herzen freuen und selbige mit edler, fester und reiner Kraft zu befördern suchen. Aber hingegen darf man nie junge, kraftvolle, gesunde Eichen aus Selbstsucht als faulende, den Tod in sich selbst tragende und keinen Segen, sondern nur Schaden bringende Bäume behandeln. Es ist ein großes Ding in der Welt, die Zeichen der Zeit richtig zu erkennen.