Junker Fritz und seine Bauern

Nr. 160 (PSW 11, S. 195-196)

Ich tue doch vieles, um euch glücklich und eures Lebens froh zu machen. Also sagte Junker Fritz zu seinen Bauern in Kohlhofen. Es ist wahr, es ist wahr, ihr seid ein gütiger Junker: Es geht allemal lustig, wenn ihr um den Weg seid, und wir haben euch vieles zu danken. Also antworteten die Bauern in Kohlhofen fast aus einem Munde.

Nur einer schwieg bei ihrem Danken und sagte: Gnädiger Herr! darf ich euch etwas fragen? Warum das nicht, antwortete Fritz. Darauf sagte der Bauer: Ich habe zwei Äkker, der eine ist stark gemistet, aber schlecht gefahren und voller Unkraut; der andere aber ist weniger gemistet, aber wohl gefahren und rein von Unkraut. Welcher von beiden glauben jetzt Euer Gnaden wird mir mehr abtragen? Natürlich der letzte, sagte der Junker, du hast diesem, so viel als du konntest, sein ganzes Recht widerfahren lassen, den anderen aber nur gemistet.

Lieber Junker! erwiderte der Bauer, auch wir gedeihen besser, wenn Sie uns unser Recht widerfahren lassen, als wenn Sie uns mit Guttaten - übermisten.


Das Bild dieser zwei so ungleich besorgten Äcker führt weit. So wie der Acker, dem sein ganzes Recht widerfahren ist, gleichsam von selbst gute und reiche Früchte trägt, und hinwieder, so wie der andere, der nur übermistet ist, unmöglich viel abtragen kann, weil ihn eingewurzeltes Unkraut und die Härte der Erde daran hindert, so kommt auch der Mensch, der im ganzen Umfang seines Rechts wohl besorgt und gesichert ist, leicht dahin, sich selber wohl versorgen und ebenso leicht Segen und Wohlstand um sich her verbreiten zu können. Aber der Mensch, der im Wesentlichen seiner Bedürfnisse verwahrlost und im Genuss billiger und lange genossener Rechte gestört, gefährdet und beunruhigt wird, kommt dadurch, daß man ihn zu Zeiten mit Wohltaten übermistet, d.h., daß man ihm zu Zeiten oder noch gar öfter lustige Tage und Sinnlichkeitsgeniessungen verschafft, die für seine Lage nicht passen, auf keine Weise dahin, weder sich selbst und die Seinigen wohl versorgen, noch weit weniger Wohlstand, Segen, Weisheit und Tugend um sich her verbreiten zu können.