Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801)

Rechtschreibung und Interpunktion entsprechen nicht der Kritischen Ausgabe von Pestalozzis Schriften, sondern der regularisierten Fassung auf der CD-ROM.

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I. Brief

Lieber Freund! mein Gefühl ließ mich in meinem letzten Briefe nicht weiter reden, ich legte daher meine Feder weg, und ich tat wohl daran. Was sind Worte, wenn das Herz sich zu dunkler Verzweiflung neigt, oder im höchsten Wonnegefühl sich in die Wolken erhebt.

Freund! Was sind Worte auch außer diesen Höhen und Tiefen?

Ich sehe im ewigen Nichts der erhabensten Eigenheit unseres Geschlechts, und dann hinwieder in der erhabenen Kraft dieses ewigen Nichts - im Wort des Mannes - das Brandmal der äußersten Beschränkung der Hülle, in der mein gebundener Geist schmachtet; ich sehe in ihr das Bild der verlorenen Unschuld meines Geschlechtes, aber dann auch das Bild der Schamröte, die den Schatten dieses verlorenen Heiligtums in mir immer wieder rege macht, solange ich seiner wert bin; und solange ich seiner wert bin, immer wieder in mir eine Kraft erzeugt, das Verlorene wieder zu suchen, und mich selbst wiederherzustellen in meinem Verderben. Freund! solange der Mensch der erhabenen Eigenheit seines Geschlechts, der Sprache, wert ist, solange er den reinen Willen, sich durch sie zu veredeln, in sich selbst trägt, ist sie ihm ein hohes Heiligtum seiner Natur; aber so wie er ihrer nicht mehr wert ist, so wie er sie ohne inneren Willen für seine Veredelung braucht, wird sie für ihn das erste Mittel seines Verderbens, eine armselige Nachhilfe seiner vielseitigen Elendigkeit, eine unversiegbare Quelle namenloser Täuschung, und ein bejammerswürdiger Deckmantel seiner Verbrechen. Freund! es ist eine schreckliche Wahrheit, aber es ist eine Wahrheit: beim verdorbenen Menschen wächst durch die Sprache sein eigenes Verderben. Durch sie werden die Elendigkeiten der Elenden noch größer, durch sie werden die Nächte der Irrtümer noch dunkler, durch sie werden die Verbrechen der Boshaften noch weitgreifender. Freund! noch ist Europas Verderben durch sein Maulbrauchen im Wachstum; es ist unabsehbar, wohin die immer steigenden Meßkataloge ein Zeitalter noch hinführen werden dessen Schwächen, Verirrungen und Gewalttätigkeiten schon auf dem Punkt stehen, den wir vor uns sehen.

Aber ich lenke wieder in meine Bahn. Ich ging in den empirischen Nachforschungen über meinen Gegenstand von keinem positiven Lehrbegriff aus; ich kannte keinen, und fragte mich ganz einfach: Was würdest du tun, wenn du einem einzelnen Kind den ganzen Umfang derjenigen Kenntnisse und Fertigkeiten beibringen wolltest, die es notwendig bedarf, um durch eine gute Besorgung seiner wesentlichsten Angelegenheiten, zur inneren Zufriedenheit mit sich selbst zu gelangen?

Aber nun sehe ich, daß ich in der ganzen Reihe meiner Briefe an dich, nur den ersten Gesichtspunkt des Gegenstandes, die Führung des Kindes zu Kenntnissen, keineswegs aber seine Führung zu Fertigkeiten, insofern diese nicht eigentlich Fertigkeiten der Unterrichtsfächer selbst sind, ins Auge gefaßt habe, und doch sind die Fertigkeiten, deren der Mensch bedarf, um durch ihren Besitz zur inneren Zufriedenheit mit sich selbst zu gelangen, ganz und gar nicht auf die wenigen Fächer eingeschränkt, die mich die Natur des Unterrichtswesens zu berühren nötigte.

Ich darf diese Lücke nicht unberührt lassen; es ist vielleicht das schrecklichste Geschenk, das ein feindlicher Genius dem Zeitalter machte: Kenntnisse ohne Fertigkeiten.


Sinnenmensch! du vielbedürfendes und allbegehrendes Wesen, du mußt um deines Begehrens und deines Bedürfens willen wissen und denken, aber um eben dieses Bedürfens und Begehrens willen mußt du auch handeln; Denken und Handeln soll, wie Bach und Quelle, in ein solches Verhältnis kommen, daß durch das Aufhören des einen, das andere auch aufhören muß, und umgekehrt; das aber kann nie geschehen, wenn die Fertigkeiten, ohne welche die Befriedigung deiner Bedürfnisse und deiner Begierden unmöglich ist, nicht mit eben der Kunst in dir gebildet, und nicht zu eben der Kraft erhoben werden, welche deine Einsichten über die Gegenstände deiner Bedürfnisse und deiner Begierden auszeichnen. Die Bildung zu solchen Fertigkeiten ruhet aber dann auf den nämlichen mechanischen Gesetzen, die bei der Bildung unserer Kenntnisse zugrundegelegt werden.

Der Mechanismus der Natur ist in der lebenden Pflanze, im bloß sinnlichen Tier und im ebenso sinnlichen aber willensfähigen Menschen, einer und eben derselbe; er ist in den dreifachen Resultaten, die er in mir hervorzubringen imstande ist, immer sich selbst gleich. Seine Gesetze wirken entweder bloß physisch, und insoweit auf die nämliche Weise, wie auf die allgemeine tierische Natur, auf mein physisches Wesen. Sie wirken zweitens auf mich, insofern sie die sinnlichen Ursachen meines Urteils und meines Willens bestimmen; in dieser Rücksicht sind sie die sinnlichen Fundamente meiner Einsichten, meiner Neigungen und meiner Entschlüsse. Sie wirken endlich drittens auf mich, insofern sie mich zu den physischen Fertigkeiten tüchtig machen, deren Bedürfnis ich durch meinen Instinkt fühle, durch meine Einsichten erkenne, und deren Erlernung ich mir durch meinen Willen gebiete; aber auch in dieser Rücksicht muß die Kunst der sinnlichen Natur, oder vielmehr, ihrer zufälligen Stellung gegen jedes Individuum, die Bildung unseres Geschlechts aus der Hand reißen, um sie in die Hand von Einsichten, Kräften und Maßnahmen zu legen, die sie uns seit Jahrtausenden zum Vorteil unseres Geschlechtes kennenlehrte.

Der einzelne Mensch hat das Gefühl dieser wesentlichen Bedürfnisse seiner Ausbildung nicht verloren; der Instinkt seiner Natur treibt ihn, verbunden mit den Kenntnissen die er hat, auf diese Bahn. Der Vater überläßt sein Kind gar nicht der Natur, noch weniger der Meister seinen Lehrling, aber die Regierungen verirren immer und in allem unendlich mehr als der Mensch. Der Instinkt treibt kein Korps, und wo dieser unwirksam ist, da genießt jede Wahrheit immer nur ihr halbes Recht.

Es ist wahr, was sich hierin kein Vater gegen seinen Sohn, was sich kein Meister gegen seinen Lehrling zu Schulden kommen läßt, das läßt sich die Regierung gegen das Volk zu Schulden kommen. Europas Volk genießt, in Rücksicht auf die Bildung zu den Fertigkeiten, die der Mensch bedarf, um durch eine gute Besorgung seiner wesentlichsten Angelegenheiten, zur inneren Zufriedenheit zu gelangen, auch nur keiner Spur eines öffentlichen und allgemeinen Regierungseinflusses; es genießt in keinem Stück, eine öffentliche Bildung zu Fertigkeiten, ausgenommen zu dem Menschenmord, dessen militärische Organisation alles verschlingt, was man dem Volk, oder vielmehr was das Volk sich selbst schuldig ist; sie verschlingt alles was man ihm auspreßt, und was man ihm in immer steigenden Progressionen immer mehr auspressen muß, weil man ihm das nie hält, warum man sagt, daß man ihm auspresse; dieses aber was man ihm nicht hält, ist von einer Natur, daß wenn man es ihm halten würde, die Auspressung sich in Gerechtigkeit, und das Elend des Volkes in die Folge der Gerechtigkeit, in öffentliche Beruhigung und Glückseligkeit verwandeln müßte. Jetzt aber entreißt man der Witwe das Brot, das sie ihrem Mund entzieht, um es dem Säugling zu geben, ohne Nutzen und ohne Zweck für das Volk, wohl aber wider sein Heil, um seine Rechtlosigkeit und seine Nichtswürdigkeit gesetzlich und gesetzmäßig zu machen; völlig im Geiste, wie man der Witwe und dem Waislein das Brot entzog, um den Nepotismus kirchlich und kanonisch zu machen. Man brauchte für beides gleiche Mittel, für den Nepotismus geistliche, und für die Rechtlosigkeit weltliche Auflagen auf das Volk, beide unter dem Titel des öffentlichen Wohls, die einen für sein Seelenheil, die anderen für sein zeitliches Glück, und beide wirkten durch ihre notorische Anwendung wesentlich gegen das Seelenheil und gegen das zeitliche Glück des Volks.

Das Volk Europas ist vaterlos und elend, die meisten von denen, die ihm nahe genug stehen, um ihm helfen zu können, haben immer etwas ganz anderes zu tun, als daran zu denken, was sein Heil sei; im Stall und bei Hunden und Katzen, würdest du viele von ihnen menschlich finden und menschlich glauben, aber für das Volk sind sie es nicht; für das Volk sind viele von ihnen keine Menschen, sie haben kein Herz für dasselbe, und keines zu ihm, sie leben von den Einkünften des Landes, aber in einer ununterbrochenen Gedankenlosigkeit über den Zustand den diese Einkünfte herbeiführen, sie wissen gar nicht in welchem Grad, das ewige Wachsen der Einziehungskünste und Einziehungsverirrungen, sie wissen nicht in welchem Grad, die ewige Minderung der Anwendungstreue, sie wissen nicht, in welchem Grad das ewige Steigen der Verantwortungslosigkeit beim Mißbrauch des öffentlichen Gutes, und das damit verbundene schreckliche Steigen der physischen Entkräftung, der freilich nicht de jure, wohl aber de facto verantwortungslosen Menschen und Menschenklasse, die in diesen Einkünften ihre befleckten Hände reinwaschen wollen, das Volk entwürdigt, verwirrt, genußlos und menschheitslos macht; sie wissen nicht, in welchem Grad der Drang seiner Berufe jetzt allgemein groß ist; sie wissen nicht in welchem Grad die Schwierigkeiten, sich mit Gott und Ehren durch die Welt zu bringen, und seine Kinder hinter seinem Grab und nach seinen Umständen wohl versorgt zu sehen, alle Tage steigen; am allerwenigsten aber kennen sie das Mißverhältnis zwischen dem was ihre Gewalt dem Armen im Lande abfordert, und den Mitteln, die sie ihm lassen, auch nur das zu erwerben, was sie ihm abfordern. Doch, lieber Freund! wohin führt mich meine heilige Einfalt!

Die Bildung zu den physischen Fertigkeiten, die der Staat dem Volk, wie die Bildung zu den wesentlichsten Einsichten, unnachläßlich geben sollte und leicht geben könnte, ruhet, wie jede Bildung zu einem tiefgreifenden Mechanismus, auf einem ABC der Kunst, das ist, auf allgemeinen Kunstregeln, durch deren Befolgung die Kinder in einer Reihenfolge von Übungen gebildet werden könnten, die von höchst einfachen zur höchst verwickelten Fertigkeit allmählich fortschreitend, mit physischer Sicherheit dahin wirken müßten, ihnen eine täglich steigende Leichtigkeit in allen Fertigkeiten zu gewähren, deren Ausbildung sie notwendig bedürfen. Aber auch dieses ABC ist nicht gefunden. Ganz natürlich, es wird selten etwas gefunden, das niemand sucht. - Es war so leicht zu finden - es muß von den einfachsten Äußerungen der physischen Kräfte, welche die Grundlagen, auch der kompliziertesten menschlichen Fertigkeiten enthalten, ausgehen. Schlagen, Tragen, Werfen, Stoßen, Ziehen, Drehen, Ringen, Schwingen usw. sind die vorzüglichsten einfachen Äußerungen unserer physischen Kräfte. Unter sich selbst wesentlich verschieden, enthalten sie, alle gemeinsam und jedes für sich, die Grundlage aller möglichen, auch der kompliziertesten Fertigkeiten, auf denen die menschlichen Berufe beruhen. Daher ist es offenbar, daß das ABC der Fertigkeiten von frühen, aber psychologisch gereihten Übungen in diesen Fertigkeiten überhaupt, und in jeder einzelnen besonders ausgehen muß.

Aber wie wir im ABC der Anschauung weit hinter dem Appenzeller Weib und der Kunst seines papiernen Vogels, zurückstehen, so bleiben wir auch im ABC der Fertigkeiten weit hinter den elendsten Wilden und ihrer Kunst im Schlagen, Werfen, Stoßen, Ziehen etc. zurück.

Es ist gewiß, die Stufenfolge von den Anfängen in diesen Übungen bis zu ihrer vollendeten Kunst, das ist, bis zum höchsten Grad des Nerventaktes, der uns Schlag und Stoß, Schwung und Wurf in hundertfachen Abwechslungen sichert, und Hand und Fuß in entgegenstehenden Bewegungen wie in gleichlaufenden gewiß macht, das alles sind für uns, volksbildungshalber, - spanische Dörfer. Der Grund ist heiter: wir haben nur Buchstabierschulen, Schreibschulen, Heidelbergerschulen, und hierzu braucht es - Menschenschulen. Aber diese dienen den Grundsätzen des Nepotismus und der Rechtlosigkeit, die die Basis des Routinegebrauchs unserer öffentlichen Einkünfte ausmachen, nicht wohl; und sind zugleich mit dem bestimmten Nervenzustand des Personals, das bei diesem Nepotismus und bei dieser Rechtlosigkeit des Weltteils für sich selbst den größeren Schnitt macht, nicht wohl vereinbar.

Der Mechanismus der Fertigkeiten, geht vollends mit dem der Erkenntnis, den nämlichen Gang, und seine Fundamente sind in Rücksicht auf deine Selbstbildung vielleicht noch weitführender, als die Fundamente, von denen deine Erkenntnis ausgeht. Um zu können, mußt du in jedem Fall tun, um zu wissen, darfst du dich in vielen Fällen nur leidend verhalten, du darfst in vielen Fällen nur sehen und hören. Hingegen bist du in bezug auf deine Fertigkeiten nicht bloß der Mittelpunkt ihrer Ausbildung, du bestimmst in vielen Fällen zugleich noch das äußere ihrer Anwendung, aber doch immer innert den Schranken, die die Gesetze des physischen Mechanismus für dich festgesetzt haben. Wie im unermeßlichen Meer der toten Natur, Lage, Bedürfnis und Verhältnisse, das Spezifische jeder Individualansicht bestimmen, also bestimmt im unermeßlichen Meer der lebendigen Natur die deine Kraftentwicklung erzeugt, Lage, Bedürfnis und Verhältnis das Spezifische dieser Fertigkeiten, welche du vorzüglich und einzeln bedarfst.


Nach diesen Gesichtspunkten muß dann die Kraftanwendung unserer Fertigkeiten wesentlich bestimmt werden, und jede Führung die uns in der Anwendung unserer Kräfte und Fertigkeiten von dem Mittelpunkt, auf welchem die Individualitätsbesorgung alles dessen ruhet, was der Mensch durch die ganze Reihe seiner Lebenstage zu leisten, zu tragen, zu besorgen und zu versorgen, verpflichtet ist, ablenkt, und uns also das spezifisch eigene der nötigen Fertigkeiten raubt, die der eigentliche Lokalitäts- und Personalitätsdienst unserer selbst von uns fordert, uns in demselben mißstimmt, oder auf irgendeine Art zu demselben untauglich macht, jede solche Führung muß als eine der guten menschlichen Kunstbildung entgegenlaufende Abweichung von den Gesetzen der Natur, von der Harmonie meiner selbst mit mir selbst, und mit allem was ist, folglich als ein Hindernis meiner Selbstbildung, meiner Berufsbildung, meiner Pflichtentwicklung und als eine täuschende, das Wesen meiner selbst gefährdende Ablenkung von der reinen und liebevollen Anhänglichkeit an die wirkliche Wahrheit meiner Individualität, meiner positiven Verhältnisse angesehen werden; und jede Unterrichtsweise, die den Samen solcher Übel für das schrankenvolle Menschenleben in sich selbst trägt, muß einer jeden Mutter und einem jeden Vater, denen die Beruhigung der Lebenstage ihrer Kinder am Herzen liegt, umso mehr Entsetzen verursachen, da die unermeßlichen Übel unserer fundamentlosen Scheinaufklärung, und selbst der Jammer unserer elenden Maskeradenrevolution ihre Quellen vorzüglich in Irrtümern von dieser Art zu suchen haben, die beide im Unterricht und Nichtunterricht unseres Volkes seit Menschenaltern stattfanden. So wie indessen die psychologische Führung zur Entwicklung unseres Erkenntnisvermögens auf ein ABC der Anschauung gegründet werden, und dahin lenken muß, das Kind am Faden dieses Fundaments zur höchsten Reinheit deutlicher Begriffe emporzuheben; also muß auch für die Bildung der Fertigkeiten, auf denen die sinnliche Begründung unserer Tugend beruhet, ein ABC dieser Kraftentwicklung ausgeforscht, und am Faden desselben eine sinnliche Vorbereitung der physischen Stimmung eingelenkt werden, welche die Lebensweisheit und Lebenstugenden unseres Geschlechts fordern, und die wir so weit als das Gängelband unserer Tugendlehrzeit anerkennen müssen, bis unsere in dieser Führung veredelte Sinnlichkeit dieses Gängelbandes nicht mehr bedarf, und wir uns zur Selbständigkeit der vollends gereiften Tugend emporgehoben haben. In diesen Gesichtspunkten entwickelt sich die einzige Form, die, als eine dem Menschengeschlecht angemessene Bildungsform zur Tugend, anerkannt werden kann. Sie geht von vollendeten Fertigkeiten zur Anerkennung der Regeln; wie die Bildungsform der Einsichten von vollendeten Anschauungen zu deutlichen Begriffen, und von diesen zu ihrem wörtlichen Ausdruck, zu Definitionen. Daher kommt es auch, daß so wie das Vorherlaufen der Definition vor der Anschauung, die Menschen zu anmaßlichen Narren macht, ebenso das Vorherlaufen der Tugenderklärungen vor der Fertigkeit in der Tugend, sie zum anmaßlichen Laster hinführt. Ich glaube nicht, daß die Erfahrung mir hierin widerspreche. Die Lücken in der sinnlichen Bildung zur Tugend können nicht wohl andere Folgen haben, als die Lücken in der sinnlichen Bildung zur Wissenschaft.

Doch ich sehe mich bei den Anfangspunkten eines weit größeren Problems, als dasjenige ist, welches ich aufgelöst zu haben glaube; ich sehe mich bei den Anfangspunkten des Problems: » Wie kann das Kind, sowohl in Absicht auf das Wesen seiner Bestimmung, als in Absicht des wandelbaren seiner Lage und seiner Verhältnisse also gebildet werden, daß ihm das, was im Laufe seines Lebens Not und Pflicht von ihm fordern werden, leicht und wo möglich zur anderen Natur wird? «


Ich sehe mich bei den Anfangspunkten der Aufgabe, das Kind im Flügelkleid, zum befriedigenden Weib des Mannes, und zur kraftvollen, ihrer Stellung genugtuenden, Mutter zu machen;, ich sehe mich bei den Anfangspunkten der Aufgabe, das Kind im Flügelkleid zum befriedigenden Mann des Weibes, und zum kraftvollen, seiner Stellung genugtuenden Vater zu machen.


Welch eine Aufgabe Freund! dem Sohn des Mannes, den Geist seines künftigen Berufes zur anderen Natur zu machen! Und welch eine höhere Aufgabe, die sinnlichen Erleichterungsmittel einer tugendhaften und weisen Gemütsstimmung ins Blut und in die Adern zu bringen, ehe ihnen die wallenden Lüste der freien Naturgenießungen, Blut und Adern für Weisheit und Tugend tief verdorben haben!


Freund! auch dieses Problem ist aufgelöst. Eben die Gesetze des physischen Mechanismus, die die sinnlichen Fundamente der Weisheit in mir entwickeln, entwickeln auch die sinnlichen Erleichterungsmittel meiner Tugend. Aber jetzt, lieber Freund! ist es mir nicht möglich, in das Detail dieser Auflösung hineinzugehen; ich spare es auf ein andermal.