Drei Habilitationsschriften zur Pestalozzi-Forschung und zum pädagogischen Selbstverständnis.

Gerhard Kuhlemann

In: Bildungsforschung und Bildungspraxis 1/1997, S. 73-90.

Der Autor verbindet die Habilitationsschriften von Keil, Kraft und Osterwalder zur Pestalozzi-Forschung unter dem Gesichtspunkt ihres Beitrags zum pädagogischen Selbstverständnis: Keil macht am Beispiel der Erziehung von Pestalozzis Sohn Hans Jacob Aussagen zum Konflikt zwischen Erziehungsanspruch und Erziehungswirklichkeit, Kraft deckt am Beispiel von Pestalozzis Biographie den Zusammenhang zwischen selbst erfahrener Erziehung, erzieherischem Handeln und pädagogischer Theoriebildung auf und Osterwalder setzt sich, indem er den in der Rezeption immer wieder behaupteten Einfluß Pestalozzis auf die pädagogische Theoriebildung und die Konstituierung der öffentlichen Schule bestreitet, zum einen mit den Formen und Exzessen pädagogischer und nationaler Mythenbildung auseinander und zum andern mit den Faktoren, die im 19. Jahrhundert zur modernen Schule und modernen Pädagogik führten. Während Osterwalder Pestalozzi allein aus seiner Rezeption deutet und dazu auf die biographischen Forschungen zu seinem Leben und auf die nun abgeschlossen vorliegende Kritische Gesamtausgabe seiner Werke und Briefe verzichten kann, gehen Keil und Kraft für ihre Fragestellung gerade deshalb von Pestalozzi aus, weil er der lebens- und werkbiographisch am besten erschlossene pädagogische Autor ist. Zum Abschluß werden die Beiträge von Keil, Kraft und Osterwalder in die Pestalozzi-Rezeption des Gedenkjahrs 1996 eingeordnet und deren aktueller Stand beschrieben.