Zur virtuellen 19. Generalversammlung 2021 des Vereins „Pestalozzi im Internet“

Jahresbericht zur Arbeit an der Website www.heinrich-pestalozzi.de

Liebe Freunde und Mitglieder unseres Vereins „Pestalozzi im Internet“,

zuerst möchte ich mich bei unserem Webmaster, Herrn Rainer Grundel, für die gute Zusammenarbeit und die schnelle und sorgfältige Umsetzung der angefallenen Veränderungen bedanken. Es war zuerst das aufwändige Update des CMS-Systems der Website, gleichzeitig haben wir auf der Startseite unserer Website eine „Kachel“ eingebaut, um jeweils aktuelle Informationen herausgehoben sichtbar zu machen. In der ersten Kachel habe ich über meinen Beitrag „Pestalozzi und Lehrermobilität um 1800“ berichtet, die zweite Kachel war eine Werbung für die Mitgliedschaft in unserem Verein und in der aktuellen Kachel stelle ich den Vorstand unseres Vereins vor.

I.

Für den Berichtszeitraum 01.09.2020 bis 31.08.2021 sind unsere Benutzerzahlen in etwa unverändert geblieben: Wir hatten ca. 55.100 Besuche. Ein Grossteil der Besucher kam wieder über die Suchmaschine Google und wie in den vergangenen Jahren kamen die weitaus meisten Besucher aus Deutschland, es waren 25.001 und damit knapp die Hälfte aller Besucher. Nach Deutschland kommt bereits China mit 7.732 Besuchern. Deutlich weniger Besucher kamen aus der Schweiz, im ganzen Jahr 5.459, gefolgt von Italien, Mexiko, Österreich, Türkei, USA, Spanien und Frankreich. Aus Japan hatten wir im zurückliegenden Jahr 650 Besucher und besonders bemerkenswert: Aus China kam mit 14 % nach Deutschland und noch deutlich vor der Schweiz die zweithäufigste Zahl von Besuchern. Die durchschnittliche Dauer der Besuche lag bei ca. 2-3 Minuten, wie viele Ausdrucke angefertigt wurden, lässt sich nicht ermitteln. 

Mit dem neuen Design ist eine Zählung der Dateien nicht exakt möglich, so können z.B. die zahlreichen Anmerkungen und die Zahl der Bilder nicht gezählt werden. Die Website umfasst ohne Bilder und Anmerkungen etwas über 1.800 Dateien, darunter italienische, englische, chinesische, spanische, französische, türkische, russische und japanische. Nachgefragt waren wie in den Vorjahren vor allem die biographischen Seiten, die Grundgedanken, die Liste mit den Werken Pestalozzi und die Seite zu Zeit, Leben und Werk Pestalozzis mit ihren zahlreichen Linkangeboten. Die häufigsten Suchbegriffe waren ‚Pestalozzi‘, ‚Johann Heinrich Pestalozzi‘, ‚Heinrich Pestalozzi‘, ‚Pestalozzi Biographie‘ und ‚Pestalozzi Pädagogik‘. Bei der Suchmaschine Google stehen wir mit diesen Suchwörtern jeweils auf der ersten Ergebnisseite. Im Vergleich mit den Auflagenzahlen wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die bei ca. 800-1.000 liegen, übertrifft die Ausstrahlung unserer Website weit die von gedruckter Literatur über Pestalozzi.

II.

In der Zeitschrift für Pädagogik werden alljährlich die erziehungswissenschaftlichen Promotionen und Habilitationen an deutschen, österreichischen und schweizerischen Universitäten und Hochschulen aufgelistet. In Heft 4/2021 (S. 627-669) werden für das Kalenderjahr 2020 insgesamt 460 Dissertationen und 25 Habilitationen angeführt. Eine Arbeit mit Bezug auf Pestalozzi ist nicht darunter und allgemein finden sich nur sehr wenige Arbeiten zu historischen Themen, so je eine Dissertation zu Schleiermacher und zur Makarenko-Forschung. Die wenigen weiteren historischen Arbeiten sind thematisch eng begrenzt, z.B. eine Dissertation zur Elementarschulreform in der Provinz Pommern im Schulaufsichtsbezirk Penkun.

III.

Im zurückliegenden Berichtsjahr konnte ich einen längeren Beitrag „Pestalozzi und Lehrermobilität zu Beginn des 19. Jahrhunderts“ in unsere Website einfügen:

https://www.heinrich-pestalozzi.de/wissen/fachbeitraege-auf-dieser-website/kuhlemann-gerhard/pestalozzi-und-lehrermobilitaet-zu-beginn-des-19-jahrhunderts 

In diesem Beitrag wird an ausgewählten Personen die Vielseitigkeit der Besucher und Mitarbeiter in Burgdorf und Yverdon aufgezeigt. Der Bogen reicht von den langjährigen Mitarbeitern Hermann Krüsi, Johannes Niederer, Johannes Ramsauer, Josef Schmid über evangelische Theologen wie Karl Justus Blochmann, den Benediktinermönch Philipp Jakob Nabholz, den sehr produktiven pietistisch orientierten Schriftsteller Johann Heinrich Jung-Stilling, den Engländer James Pierpont Greaves, den Franzosen Marc Antoine Jullien, den in die USA ausgewanderten Joseph Neef bis hin zu den sog. Preussischen Eleven, wobei Dutzende weiterer Mitarbeiter und Besucher angeführt werden könnten. Sie alle verband das Interesse an Schule und Erziehung, die meisten von ihnen wurden auch als Leiter oder Gründer verschiedener Erziehungseinrichtungen tätig.

In den nächsten Tagen wird eine Besprechung der sehr materialreichen vierbändigen Pestalozzi-Biographie von Herbert Schönebaum in die Website eingefügt:

Bd. 1: Der junge Pestalozzi. 1746-1782. Leipzig 1927, VIII, 234 S. 
Bd. 2: Pestalozzi. Kampf und Klärung. 1782-1797. Erfurt 1931, 248 S.
Bd. 3: Pestalozzi. Kennen, Können, Wollen. 1797-1809. Langensalza 1937, XII, 533 S.
Bd.  4: Pestalozzi. Ernte und Ausklang. 1810-1827. Berlin u. Leipzig 1942, XVI, 554 S.
 

Diese vierbändige und mit über 1.600 Seiten äusserst materialreiche Biographie Pestalozzis stellt weniger die Werke Pestalozzis in den Mittelpunkt, vielmehr wird die Entwicklung Pestalozzis aufgezeigt und werden die Personen aus seinem Umfeld vorgestellt. Zuerst sein familiäres Umfeld, Ehefrau, Sohn, Eltern, Grossvater, Schwiegereltern und weitere Verwandte. Danach werden ausführlich Personen vorgestellt, die Einfluss auf Pestalozzis Entwicklung hatten: Das sind seine Lehrer in Zürich, das ist Isaak Iselin, der Pestalozzi als Schriftsteller ermutigte und in seiner Zeitschrift „Ephemeriden“ einige von dessen frühen Werken veröffentlichte, z.B. „Abendstunde eines Einsiedlers“, wobei zwischen Pestalozzi und Iselin ein umfangreicher Briefwechsel erhalten ist.

2019 ist vom bzw. über den Verfasser der chinesischen Texte auf unserer Website erschienen: „Leben und Werk von Prof. Dr. Gu Zhenxiang im Kontext deutsch-chinesischer Literaturübersetzung und -forschung“. In dieser in China aus Anlass des 75. Geburtstags von Prof. Gu in einer repräsentativen Ausgabe mit 551 Seiten publizierten Veröffentlichung finden sich Beiträge von Roger Dettling „Eine Freundschaft ganz besonderer Art“ (S. 485-489) und Gerhard Kuhlemann „Mein Freund Gu und meine Annäherung an China“ (S. 476-480). In diesen beiden Beiträgen in deutscher Sprache und chinesischer Übersetzung werden die beiden wissenschaftlichen Symposien, 2009 in Hangzhou und im Oktober 2016 in Shanghai beschrieben. Beide Aufenthalte deutscher und schweizer Wissenschaftler waren verbunden mit einem Begleitprogramm zu kulturell und historisch bedeutsamen Orten im Westen Chinas. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch der Fudan-Universität in Shanghai mit einem Besuch des an die Universität angeschlossenen Gymnasiums und der Teilnahme an einer Unterrichtsstunde an der dortigen Grundschule. Bei allen Unterschieden des deutschen bzw. schweizerischen mit dem chinesischen Bildungssystems gilt, wie es Kuhlemann in seinem Beitrag formuliert hat: „Pestalozzis Gedanken von den in jedem Kind vorhandenen Kräften, deren Wachsen gefördert oder unterbunden werden kann, sollten sowohl in China als auch in Deutschland und der Schweiz ein Grundgedanke jeder Erziehung sein.“ (ebd. S. 478). Beschrieben wird auch das Pestalozzi-Symposium 2012 in Luzern, zu dem eine zwölfköpfige Delegation führender chinesischer Erziehungswissenschaftler in die Schweiz eingeladen werden konnte. Leider ist die Veröffentlichung über Prof. Gu aus der Schweiz oder Deutschland nur schwer über international vernetzte Buchhandlungen zu beschaffen, zusammen mit Fracht- und Zollgebühren zu einem recht hohen Preis.

Von Prof. Gu werden in unserer Website zwei Werke vorgestellt, zu erreichen über den Ordner Verein/In eigener Sache:

Pestalozzi’s Research on Educational History in the Cross-Cultural Context: Proceedings of International Symposium on Pestalozzi’s Educational Thoughts. Zhejiang University Press 2011, 325 S. (mit deutschen Beiträgen von Roger Dettling, Gerhard Kuhlemann u. Markus Roos). 

Erziehung mit Herz, überall und jederzeit zum Wohl der Kinder. Internationales Pestalozzi-Symposium Schweiz-China (Luzern, April 2012). Shanghai Jiao Tong University Press 2014, 335 S. (mit deutschen Beiträgen von Roger Dettling, Michael Fuchs, Zhengxiang Gu, Gerhard Kuhlemann, Markus Roos, Hans-Rudolf Schärer, Jun Ye und Zhiying Yuan). 

IV.

Seit mehreren Jahren beschäftigt den Vorstand des Vereins die Frage, ob sich die zu Pestalozzis 200. Geburtstag erstellte CD-ROM mit sämtlichen Texten (Werke und Briefe) von Pestalozzi nicht aktualisieren liese, damit diese wichtige Quelle wieder für alle Interessierten für Recherchen zur Verfügung stünde. Dieser wichtige Datenbestand lässt sich mit heutigen Geräten und Programmen leider nicht mehr nutzen. Alle Bemühungen Kontakt zum Hersteller der CD-ROM aufzunehmen, scheiterten bisher, allerdings ist die Mitautorin der CD-ROM, Frau Sylvia Schütze, zu einer aktiven Mitarbeit bereit. Ein Update der CD-ROM ist ohne Kenntnis der Zugangsdaten nicht möglich, aber es zeichnet sich eventuell die Möglichkeit eines eingeschränkten Updates ab, das einen gösseren Arbeitseinsatz und damit grössere Kosten verursacht. Für die Zukunft gilt: Der Verein wird alles Mögliche unternehmen, diese wertvollen Daten für Interessenten wieder nutzbar zu machen. Die eingescannten Werke und Briefe Pestalozzis beziehen sich auf die zur Zeit der Erstellung vorliegenden Bände PSW 1-28 und der Briefbände 1-13. Nicht enthalten sind die Daten der von Kurt Werder bearbeiteten Nachtragsbände PSW 29 (1995) und PSB 14 (1995), sowie der von Stefan Graber bearbeitete Band PSW 17B (1996). Immerhin konnten zahlreiche Volltexte Pestalozzis in unsere Website eingebaut werden. Eine Liste dieser eingebauten Volltexte findet sich im Ordner „Werke“ unter: „Pestalozzi-Volltexte auf dieser Website“.

In seiner Sitzung am 14. August 2021 in Baden (AG) hat der Vorstand beschlossen, nach Möglichkeit einen Newsletter einzurichten, der drei- bis viermal jährlich die Abonnenten des Newsletters auf wichtige Veränderungen und Neuigkeiten zum Thema Pestalozzi hinweist. Wir möchten kein kostenloses Newsletterprogramm einrichten, da dieses sich über eingeblendete Werbung finanziert, die wir nicht beeinflussen können. Ein werbefreies Newsletterprogramm für bis zu 250 Abonnenten kostet monatlich bis ca. € 20.-. Wir bieten allen Besuchern unserer Website an, den Newsletter zu beziehen, dazu wird es eine An- und Abmelde-Funktion geben. Wir erlauben uns, als erste Abonnenten unsere Mitglieder zu benennen. Die Installation des Newsletterprogramms sollte in den nächsten Tagen erfolgen.

V.

In meinem Jahresbericht 2019 habe ich ausgeführt, dass der ehemalige Zögling Josué Heilmann (1796-1948) aus Pestalozzis Erziehungsinstitut 1928/29 die erste Handstickmaschine entwickelte, die 15 Handstickerinnen ersetzen konnte. Heilmann heiratete in Mulhouse in die Industriellenfamilie Köchlin ein und sein 1853 geborener Enkel Jean-Jacques Heilmann (1853-1922) wurde zu einem bedeutenden französischen Eisenbahningenieur. Des Weiteren führte ich aus, dass nach Verbesserung der von Heilmann entwickelten Handstickmaschine durch Jacob Bartholome Rittmeyer (1796-1848) die Grundlage für die Stickereiindustrie im Kanton St. Gallen gelegt wurde. Auf abenteuerlichen Wegen kamen die ersten Stickmaschinen von St. Gallen nach Plauen ins sächsische Vogtland. So verbanden die Textil- und die Stickereiindustrie die drei Städte Mulhouse in Frankreich, St. Gallen in der Schweiz und Plauen in Deutschland.

In diesen Tagen erschien von Heino Strobel, einem Werkstoffingenieur aus dem Vogtland, und Patrick Schnetzer, einem Germanisten aus Freiburg im Uechtland (CH/Kt. FR), im Privatdruck die Veröffentlichung „Die Handstickmaschine. Erfindungsgeschichte und erste Besitzer“ (Plauen 2021, 100 S.). Schnetzer hat in diesem Werk eine Biographie zu Josué Heilmann verfasst (ebd. S. 21-24), aus der hervorgeht, dass Heilmann neben der Handstickmaschine von 1829 zur französischen Industrieausstellung 1834 in Paris eine verbesserte Konstruktion seiner Handstickmaschine vorstellte. Heilmann hat weitere Verbesserungen an mechanischen Spinn- und Webstühlen konstruiert und wurde 1834 in Paris mit der Verleihung des Ritterkreuzes der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet. Heilmann gilt zudem als der Erfinder der Kämmmaschine, die die mühsame Vorspinnerei, also das Entwirren, Strecken, Kämmen und Reinigen der Wolle ersetzen konnte. Seinem Sohn gab Heilmann den Vornamen Jean-Jacques, ebenso erhielt sein Enkel diesen Vornamen. Vielleicht ein Zusammenhang mit Pestalozzi, dessen Sohn ebenfalls diesen Vornamen erhalten hatte, wohl alle in der Nachfolge von Jean-Jacques Rousseau. Von Heilmann sind zudem zwei Vorträge zum Problem der Kinderarbeit in der Industriegesellschaft von Mulhouse erhalten, es geht darin um die Verkürzung der Kinderarbeit und die Pflicht zum Schulbesuch (ebd. S. 25 f).

Ein florales Motiv 

2020 auf einer historischen Handstickmaschine von Ernst Nüesch im Handsticklokal Balgasch (CH, Kt. SG) gesticktes Muster.

Liebe Freunde und Mitglieder unseres Vereins „Pestalozzi im Internet“,

dieses Jahr erhalten Sie den Jahresbericht zur Arbeit an unserer Website pandemiebedingt nochmals schriftlich, aber wir werden uns hoffentlich auf der nächsten Generalversammlung 2022 auf Pestalozzis Neuhof wieder persönlich treffen und begegnen können.

Seien Sie herzlich gegrüsst und bleiben Sie gesund
Ihr Gerhard Kuhlemann